JAHRHUNDERT-WASSERBALLER UND NAMENSGEBER DES GUNST-POKALS …

SSVE Frauen starten gegen Blau-Weiß Bochum ins Neue Jahr
16. Februar 2024
OHME PFEIFT MÄNNER-FINALE IN DOHA
17. Februar 2024
SSVE Frauen starten gegen Blau-Weiß Bochum ins Neue Jahr
16. Februar 2024
OHME PFEIFT MÄNNER-FINALE IN DOHA
17. Februar 2024
Alle anzeigen

JAHRHUNDERT-WASSERBALLER UND NAMENSGEBER DES GUNST-POKALS …

Am kommenden Wochenende steht in Duisburg mit dem Gunst-Pokal das erste nationale Sichtungs- und Auswahlturnier des männlichen Nachwuchses für das neue Jahr auf dem Programm. Nicht nur tagesaktuell ist dieses ein guter Grund, einen Blick auf Fritz „Itze“ Gunst, den Namensgeber dieses Wettbewerbs, zu werfen. Als Olympiasieger und viermaliger EM-Medaillengewinner zählt er nicht nur zu den großen Namen des deutschen Wasserballs , sondern kann auch mit gleich mehreren Alleinstellungsmerkmalen aufwarten kann. Gunsts Heimatverein Waspo 98 Hannover hat zum jüngsten Vereinsjubiläum noch einmal für einen biografischen Beitrag zu dem Ausnahmespieler gesorgt, der nachfolgend unverändert wiedergegeben wird.

DER JAHRHUNDERT-WASSERBALLER: FRITZ GUNST

Nicht nur zu einem der erfolgreichsten hannoverschen Spieler, sondern zu einem deutschen Jahrhundert-Wasserballer wurde Fritz „Itze“ Gunst (1908 – 1992) von den Wasserfreunden 98 [Hannover]. Selbst der Deutsche Schwimm-Verband titulierte den Olympiasieger von 1928 in seiner Übersicht der „500 Großen“ als einen „Wasserballer von legendärem Ruf“.

Dabei wäre der Sechsjährige bei einen seiner Kontakte mit dem nassen Element fast ertrunken, wurde aber von seinem Bruder Willi gerettet. Mit 16 Jahren schloss sich Gunst den Wasserfreunden an, denen er zeitlebens treu blieb. Von 1924 bis 1947 erzielte er in 1.200 Spielen über 2.000 Tore für seinen Verein und die Nationalmannschaft.

National wurde Gunst 1927 für die Wasserfreunde und dann in den Jahren 1936 bis 1938 mit dem Nachfolger Wasserfreunde 98 viermal deutscher Meister. Mit der Nationalmannschaft gewann er bei den 13 internationalen Championaten zwischen 1926 und 1939 (Olympische Spiele, Europameisterschaft und Sechs-Nationen-Turnier der LEN um den Klebelsberg- bzw. Horthy-Pokal) bis heute in Deutschland unerreichte zwölf Medaillen.

STAMMKRAFT BEIM OLYMPIASIEG

Bereits bei der ersten Europameisterschaft 1926 in Budapest war Gunst mit noch 17 Jahren beim Bronzemedaillengewinn der deutschen Mannschaft dabei. International ging sein Stern beim Olympiasieg der deutschen Mannschaft 1928 in Amsterdam auf, als der Hannoveraner in allen drei Partien, darunter der sensationelle 5:2-Finalsieg gegen Ungarn, zum Einsatz kam. Da die sieben Spieler damals jeweils nicht ausgewechselt werden wurden, hatte er sich als Stammkraft etabliert.

Die Wasserfreunde verschwanden während der Weltwirtschaftskrise zeitweilig aus der nationalen Spitze, doch mit der Nationalmannschaft konnte Gunst 1932 in Los Angeles bei seiner zweiten Olympiateilnahme mit Silber erneut eine olympische Medaille gewinnen. 1933 gehörte der Deutsche sogar zu den sieben eingeladenen Spielern einer Europaauswahl bei der Gedächtnispartie zu Ehren des ungarischen Wasserball-Pioniers Béla Komjádi.

ERNEUTER SIEG GEGEN UNGARN

Einen zweiten Olympiasieg verpasste Gunst bei den Spielen 1936 in Berlin nur denkbar knapp, als sich die deutsche Mannschaft nach einem 2:2-Unentschieden gegen den Dauerrivalen Ungarn vor 20.000 Zuschauern einzig aufgrund des schlechteren Torverhältnisses mit der Silbermedaille begnügen musste. Der Kreis schloss sich dann allerdings 1939 im niederländischen Doetinchem, als die deutsche Mannschaft bei dem seit 1929 ausgetragenen Sechs-Nationen-Turnier der LEN Ungarn im entscheidenden Spiel mit 2:1 schlagen und erstmals den Horthy-Pokal gewinnen konnte. Es sollte bis 1980 der letzte Spielgewinn einer deutschen Mannschaft gegen den Rekordolympiasieger bleiben.

Der nur einen Monat später entfesselte Zweite Weltkrieg kostete Hannovers Wasserball-Legende dann jedoch nicht nur eine vierte Olympiateilnahme 1940 in Tokio, sondern auch seine körperliche Unversehrtheit. Doch selbst durch den Verlust eines Beins ließ er sich nicht unterkriegen und spielte sogar noch eine Zeit lang weiter: „Im Wasser hat überhaupt keiner gemerkt, dass ich nur ein Bein habe“, erzählte Gunst, der noch 1946 in Nürnberg noch am Gewinn der ersten inoffiziellen Nachkriegsmeisterschaft durch seinen Klub beteiligt war.

Ursprünglich erlernte Gunst den Beruf des Technischen Zeichners. Schon bald führte der zweifache Familienvater in der Nähe des Hauptbahnhofs jedoch die Gaststätte „Im Stübchen“, die ihm seit 1932 gehörte. Die Trophäensammlung ging in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs größtenteils verloren, doch die drei Olympiamedaillen verwahrte Ehefrau Mady in ihrer Handtasche und konnte sie so vor Vernichtung retten.

AUFNAHME IN DIE „HALL OF FAME“

Gunsts Rekordmarke von 115 Länderspielen wurde erst in den 1960er-Jahren von dem Duisburger Hermann Haverkamp übertroffen. 1988 wurde er vom Nationalen Olympischen Komitee als ältester noch lebender deutschen Olympiasieger zu den Spielen im südkoreanischen Seoul als Ehrengast eingeladen.

Aus der Vielzahl von Ehrungen stechen drei besonders hervor: Als Olympiasieger von 1928 ist Gunst auf dem Wanderpokal des deutschen Wasserballmeisters namentlich verewigt. 1954 stifteten die Wasserfreunde als Wandertrophäe den Gunst-Pokal, der aktuell jeweils dem Sieger eines gleichnamigen DSV-Auswahlturniers des Nachwuchses überreicht wird. International erfolgte 1990 die Aufnahme in die International Swimming Hall of Fame (ISHOF) in Fort Lauderdale. Diese hohe Ehre ist unter den deutschen Wasserballern ansonsten nur noch seinem 1928er-Kollegen Erich Rademacher zuteilgeworden.

INTERNATIONALE RESULTATE

1927 Bronze Europameisterschaft in Budapest (HUN)
1927 5. Platz Europameisterschaft in Bologna (ITA)
1928 Gold Olympische Spiele in Amsterdam (NED)
1929 Bronze Europaturnier in Budapest (HUN)
1930 Silber Europaturnier in Nürnberg (GER)
1931 Silber Europameisterschaft in Paris (FRA)
1932 Silber Olympische Spiele in Los Angeles (USA)
1934 Silber Europameisterschaft in Magdeburg (GER)
1935 Bronze Europaturnier in Brüssel (BEL)
1936 Silber Olympische Spiele in Berlin (GER)
1937 Silber Europaturnier in Budapest (HUN)
1938 Silber Europameisterschaft in London (GBR)
1939 Gold Europaturnier in Doetinchem (NED)

Aus: Von der Leine in die Welt. 125 Jahre Wassersportfreunde von 1898 Hannover, Hannover 2023